Texte wirken nur, wenn sie authentisch und in der Zielkultur verankert sind. Dies gilt insbesondere für PR-Texte. Die Übertragung solcher Texte in eine andere Sprache erfordert daher ggf. Anpassungen in Bezug auf Inhalt und Aufbau – Schlagwort Transkreation. Für exact! ist dies ein wichtiges Thema. Daher freuen wir uns, dass wir Frau Sattler-Hovdar für ein Interview gewinnen konnten. Sie hat ihre Erfahrungen in einem Buch zusammengefasst, das dieses Jahr beim BDÜ Fachverlag erschienen ist.
Vorausschicken möchte ich gleich, dass ich „Transkreation“ als eine etwas sperrige, artifizielle Bezeichnung empfinde; sie hat sich aber dermaßen eingebürgert, dass ich sie übernommen habe. Selbst nenne ich den Prozess lieber „Über-Texten“, da hier eine kombinierte Dienstleistung erfolgt: Zuerst wird ein Text übersetzt, anschließend wird die Übersetzung entsprechend der gewünschten Wirkung des Textes in der Zielkultur überarbeitet, also getextet. Transkreation muss man sich daher als einen Prozess vorstellen, der über das herkömmliche Verständnis einer Übersetzung weit hinausgeht, da im Anschluss an die Übersetzung der Text meist umfassend überarbeitet bzw. neu getextet werden muss, um in der Zielgruppe denselben Effekt zu erzielen wie in der Ausgangssprache.
Eine Übersetzung sollte immer funktionsgerecht sein, das heißt die ihr zugedachten Funktionen erfüllen. Der Vielfalt verschiedener Funktionen steht allerdings eine recht pauschale Abrechnung nach Wörtern oder Zeilen gegenüber. Es ist vom Aufwand und der erzielbaren Produktivität her jedoch ein enormer Unterschied, ob ich einen weitgehend aus Standardklauseln bestehenden Vertrag übersetze oder einen PR-Text. In ersterem Fall kann ich verschiedenste technische Hilfsmittel (Translation-Memory-Systeme) einsetzen und unter Umständen in kurzer Zeit sehr viel Zieltext produzieren, während ich beim PR-Text in derselben Zeit vielleicht erst einmal das Briefing aufgearbeitet habe.
Eine Transkreation ist ein Prozess, der sich kaum abkürzen lässt, auch wenn wir heutzutage noch so viele technische Hilfsmittel haben. Eine Transkreation muss viel mehr erfüllen, als nur formal korrekt – d. h. inhaltlich vollständig, grammatikalisch und orthographisch korrekt, fachlich richtig – zu sein. Sie muss vor allem „wirken“, sie muss eine Botschaft punktgenau und treffend kommunizieren. Gerade in der heutigen Zeit, in der wir täglich mit Informationen und Daten bombardiert werden, sortieren wir mitunter bereits anhand der Überschrift zahllose Texte aus. Wir lesen nur mehr jene, die uns vom ersten Satz an fesseln. Um mit einer Übersetzung einen zielgruppenfesselnden Text zu erzielen, müssen wir in der Transkreation weit über das hinausgehen, was uns als Übersetzern generell erlaubt ist. Ich greife tief in Satzbau, Abfolge und generell in die Struktur eines Textes ein, wenn die Logik und Schlüssigkeit in der Kultur und Sprache der Zielgruppe dies erfordert. So wie dies eben Texter tun, die wir aus der Werbe- und PR-Welt kennen.
Ein Transkreativtexter benötigt entsprechende Erfahrung und Marketingexpertise, ebenso wie die Fähigkeit und den Willen, sich so eingehend mit jedem einzelnen Satz und jedem einzelnen Wort und schließlich mit dem Text in seiner Gesamtwirkung zu befassen, wie es die Auftragssituation erfordert. Dies funktioniert nur dann, wenn auch der Kunde versteht, wie wichtig sein Input ist. Je mehr Input der Kunde liefert, desto besser kommt das Ergebnis schon beim ersten Mal an seine Vorstellungen heran. Der Kunde erspart sich letztlich den Zeit- und Kostenaufwand für nachträgliches Hin und Her, oder schlimmstenfalls sogar für eine komplette Neubearbeitung.
Dringend vonnöten wäre meines Erachtens eine verstärkte Betonung der Beratungskomponente, die für den Beruf des Übersetzers heute wichtiger ist als je zuvor. Das liegt daran, so widersprüchlich dies auch klingen mag, dass die vielen technischen Fortschritte, aber auch zunehmende und unterschiedliche Qualitätsansprüche auf Kundenseite, eine unglaubliche Fülle an verschiedenen Herangehensweisen für die „Übersetzung“ eines Textes hervorgebracht haben, die je nach der Funktion, die dieser Text zu erfüllen hat, eingesetzt werden sollten.
Um aus dieser Fülle der verschiedenen Herangehensweisen die für den jeweiligen Auftrag optimale Lösung auszuarbeiten, ist einerseits ein entsprechendes Briefing auf Kundenseite erforderlich, andererseits die Fähigkeit und Bereitschaft auf Auftragnehmerseite, tatsächlich beraten zu wollen.
Kostenlose Leseprobe unter:
„Translation –Transkreation. Vom Über-Setzen zum Über-Texten“
Erhalten Sie nützliche Infos zum Thema Übersetzung sowie spannende Projektberichte direkt in Ihr Postfach.