von Reinhild Möller
Übersetzer auf der ganzen Welt haben Grund zur Freude und werden den 24. Mai 2017 als historisches Datum in Erinnerung behalten. An diesem Tag verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf ihrer 71. Tagung einstimmig die Resolution A/RES/71/288 über „Die Rolle des professionellen Übersetzens bei der Verbindung von Nationen und der Förderung des Friedens, der Verständigung und der Entwicklung“.
Die Idee eines globalen Zusammenschlusses von Übersetzer-, Dolmetscher- und Terminologenverbänden entstand bereits 1953 mit der Gründung des Internationalen Übersetzerverbands FIT (Fédération Internationale des Traducteurs) in Paris. 1991 führte die FIT den Internationalen Tag des Übersetzens (auch Weltübersetzertag oder Hieronymustag nach dem Schutzheiligen der Übersetzer) ein. Ziel war es, die Solidarität innerhalb der internationalen Sprachmittlergemeinschaft zu fördern und die Öffentlichkeit weltweit auf den Beruf und die Leistung von Übersetzern, Dolmetschern und Terminologen aufmerksam zu machen. Im Mai 2017 folgte dann endlich die offizielle Anerkennung der Rolle der professionellen Sprachmittlung für den Dialog, die Verständigung und die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene durch die Vereinten Nationen.
„Die Generalversammlung […]
Es gibt jetzt ganz offiziell eine Resolution, in der die Vereinten Nationen die Leistung professioneller Sprachmittler würdigen. Das tut richtig gut! Wir müssen uns nicht länger hinter den Ausgangstexten verstecken, sondern dürfen stolz auf unsere Arbeit sein. Denn Übersetzen ist mehr als einen Text einfach in einer anderen Sprache abzutippen.
Als Handwerker und Künstler vereinen Übersetzer die Fähigkeiten von Wissenschaftlern oder Technikern mit denen von Literaten. Einerseits müssen Übersetzer in der Lage sein, sich schnell in spezifische Fachgebiete einzuarbeiten und die richtige Terminologie zuverlässig zu recherchieren. Andererseits müssen sie kreativ mit Sprache spielen und sich die Konventionen der jeweiligen Textsorte zu eigen machen können.
Leider ist der Beruf des Übersetzers in Deutschland nicht geschützt. Jeder, der glaubt, eine Fremdsprache ganz gut zu beherrschen, kann seine Dienste auch ohne entsprechende Ausbildung einfach auf dem Übersetzermarkt anbieten. Leider ist es aber nicht damit getan, im Wörterbuch nachzuschlagen und ausgangssprachliche Wörter einfach durch zielsprachliche zu ersetzen. Professionelle Übersetzer analysieren den Ausgangstext vor ihrem kulturellen Hintergrund, entdecken Mehrdeutigkeiten und übertragen die Botschaft des Autors zielgruppenorientiert in die Zielsprache.
Oft ist Auftraggebern möglicherweise gar nicht bewusst, welche Prozesse mit einer Übersetzung verbunden sind und wie viel Arbeit in einem vermeintlich einfachen Übersetzungsauftrag steckt. Der Trend: Es muss schnell gehen, die Qualität muss stimmen, und es darf nicht viel kosten. Gerade bei Übersetzungsausschreibungen entscheidet erfahrungsgemäß in hohem Maße der Preis darüber, welcher Bieter erfolgreich ist. Die Preise, zu denen zum Teil geboten wird, sind allerdings erschreckend niedrig.
Spiegelt die Höhe des Preises, den ein Auftraggeber bereit ist, für eine Übersetzung zu zahlen, den Grad seiner Wertschätzung der Übersetzungsleistung wider? Wenn dem so ist, hinkt das Ansehen der Übersetzer in der Öffentlichkeit weit hinter der Anerkennung durch die UNO-Resolution hinterher.
Dennoch: Die Übersetzerwelt ist stolz auf die offizielle Anerkennung und freut sich auf den Weltübersetzertag 2017, der unter dem Motto „WÜT/ITD #iconnectworlds“ steht. Am 30. September ist es wieder soweit, und die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Die Regionalgruppe Heidelberg/Mannheim des Bundesverbands der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) plant einen Freeze-Mob. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
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